Neubau eines Stadtparks in Neutraubling

Entwurf Wirzmüller, Schiller
Preis 1. Preis
Jahr 2014

Neutraubling hat ein Defizit an naturnahen, flächigen Gehölzstrukturen, das im Wettbewerbsgebiet sinnvoll gemindert werden kann.
Im neuen Stadtpark schirmt ein kräftiger Laubmischwald die offenen Grünflächen in den Lichtungen gegen die heterogene Umgebung ab, verbessert das Stadtklima und bietet ökologische Ausgleichsflächen, weit über das geforderte Maß hinaus.
Wechselnde räumliche Situationen mit Durchblicken, dichte Gehölzbestände und Aufweitungen folgen dem Konzept des klassischen Landschaftsgartens, allerdings in zeitgenössischer Formensprache und Materialität.
Die Absenkung der Wiesen- und Rasenflächen macht diese Flächen trotz ihrer Größe von den Wegen aus überschaubar; die anfallenden Bodenmassen werden zur Aufhügelung in den Waldbereichen verwendet. Die Modellierung schafft attraktive Randsituationen mit klaren Kanten und Böschungen. Durch die Bodenumlagerung werden die Wuchsbedingungen in den Gehölzbereichen verbessert, an den Säumen und in den abgesenkten Wiesenflächen entstehen blütenreiche, pflegeextensive Magerstandorte.
In den Knotenpunkten von Wegen und an den Schnittlinien der drei Einzellichtungen befinden sich zentrale Nutzungen und intensiver gestaltete Elemente. Wegebegleitende Staudenbeete und hochstämmige Kieferninseln mit Gräser- und Staudenfeldern sind hinter Aufkantungen in Sitzhöhe geplant. Diese Einfassungen und die Wandoberflächen von drei höheren Auffaltungen (mit Cafe-, WC- und Lagerräumen) zitieren in ihrem Material CorTen die industrielle Vergangenheit und Gegenwart der Stadt.
Der Entwurf verzichtet zum Schutz der Innenflächen bewusst darauf, die Parklichtungen zur Umgebung zu öffnen; lediglich die ländliche Situation mit den Pferdekoppeln an der Pirkacher Breite im Osten wird optisch in den Park einbezogen. Die Parkzugange sind dezentral angeordnet, an das vorhandene Wegenetz angebunden, durch Stelen markiert. Zwei Hauptwege sind zur Durchquerung des Parks winterdiensttauglich befestigt und zurückhaltend beleuchtet. Im Sommer können darüber hinaus die Laubbaumkronen entlang der beiden Hauptachsen, im Winter die Kieferninseln im Zentrum des Parks angestrahlt werden. Außer den beiden Hauptwegen sollen allen Wege ungebunden und sickerfähig ausgebildet werden. Hochwertige Deckenbauweisen sorgen für eine barrierefreie Erschließung großer Teile des Parks.
Die Waldpflanzung erfolgt am wirtschaftlichsten mit forstlichen Mitteln mittels Junggehölzen:
In einem dicht bestockten Feld von Pionierbaumarten (Birken und Espen) werden die Zielbaumarten in relativ kleiner Qualität mit gepflanzt. Innerhalb weniger Jahre bildet sich ein sehr attraktives, von den Pionieren dominiertes Zwischenstadium, in dem sich die Pflege auf das sukzessive Freistellen der standortgerechten Zielbaumarten (Eichen, Hainbuchen, Ahorn, Linden, Rotbuchen, Eschen etc.) ab dem 10. Standjahr beschränken kann. Nach ca. 20 Jahren können die letzten Birken und Espen entnommen werden; im hochstämmigen jungen Wald werden dann Waldstauden und Sträucher als Initialpflanzung eingesetzt, die sich von selbst ausbreiten sollen. Totholz, Nisthilfen und Biotopbausteine steigern den ökologischen Wert schon des ersten Pionierwaldstadiums.

Im Ideenteil des Wettbewerbsgebietes im Norden und Süden wird das Konzept des Stadtwaldes durch weitere geschlossene, naturnahe Baumpflanzungen fortgeführt. Im Süden entsteht so ein grüner Sockel für neungeschossige, schlanke Türme zum Wohnen im und über dem Baumdach. Im Übergang zur bestehenden Bebauung sind mit Gartenhofhäusern introvertiertere Wohnsituationen geplant.
Im Norden wird diese Form des verdichteten Flachbaus durch zwei- bis dreigeschossige Zeilenhäuser ergänzt, in denen an der Haidauer Straße und im Übergang zum vorhandenen Industriegebiet auch gewerbliche Nutzungen Platz finden, dazu Sonderwohnformen in den obersten Geschossen.

 

Auszug aus dem Preisgerichtsprotokoll:

„Die Jury schätzt die konsequente Umsetzung der gesteckten Ziele und die klare Haltung (…) Durch die klaren Waldkanten werden die Aufenthaltsräume gut gefasst und vermitteln ein Gefühl von Geborgenheit. Die vielfältigen Zugänge unterstützen diesen Eindruck. (…) Die funktionalen Anforderungen werden gut erfüllt, teilweise in den Waldflächen, als auch in den Wiesen, die jedoch zu etwa 50 % als schonenswerte Naturschutzflächen nicht bespielbar sind.
Die ökologische Qualität und Umweltverträglichkeit wird sehr hoch eingeschätzt. Mehr als 50 % der Gesamtfläche sind Ausgleichsflächen. (…) Der Park ist für Fußgänger gut erschlossen. (…) Insgesamt schätzt die Jury die prägnante gestalterische Haltung des Entwurfs und die mutige Verknüpfung von Natürlichem und Künstlichem.“